Birgit Ruß-Jadallah

Birgit Ruß-Jadallah, Angehörige

„Schon mit 24 Jahren machte ich meine erste Erfahrung mit der Pflege von alten Menschen. Die Mutter eines Freundes war schwer an Demenz erkrankt und benötigte in den Mittagsstunden eine Hilfe für die Mittagsmahlzeiten und ihre Aufsicht. Gerne habe ich diese Aufgabe damals übernommen. Gänzlich unerfahren traf ich auf eine körperlich sehr angeschlagene Person, die außerdem zeitweise sehr verwirrt war.



Eines Tages bat sie mich das Bügelbrett fort zu räumen, da es voller Motten sei – die alte Dame konnte nicht beruhigt werden, erst als das Bügelbrett dann tatsächlich von mir in den Hausflur gestellt wurde.



Das Essen zu geben war eine Geduldsprobe. Die Dame war zwar dankbar dafür, dass ich täglich eine Speise frisch zubereitet habe, konnte jedoch nur winzige Mengen zu sich nehmen.



Zur Toilette begleiten war für mich die schwerste Übung; die Dame litt unter Hämorriden und so bat sie mich nach dem Stuhlgang ihre heraushängenden Hämorride wieder zurückzuschieben. Ich habe mir Handschuhe angezogen und ihr geholfen, da sie starke Schmerzen hatte. Es ist wirklich nicht immer leicht diese Pflege ohne Überwindung zu erledigen.



Später, ich war ca 30 Jahre alt, bat mich meine Schwiegermutter um Hilfe bei der Pflege ihrer Mutter ca. 85 Jahre alt. Oma war nicht mehr in der Lage ihre Wünsche zu äußern. Sie wurde von uns gefüttert, gewaschen, gewindelt und "bespasst". Stunden haben wir an ihrem Bett gesessen und ihr die Alltäglichkeiten aus der Familie und von den Kindern erzählt. Eines Tages ist sie aus dem Bett gefallen, meine Schwiegermutter rief mich zu Hilfe und gemeinsam haben wir sie wieder in ihr Bett gelegt. Jedoch war ihre Todesstunde nahe. gemeinsam mit dem Hausarzt haben wir sie in Agonie fallen sehen und ihre letzten Atemzüge begleitet. Das war ein emotionales Erlebnis.



Heute bin ich selbst nicht mehr die Jüngste (59) und kümmere mich noch um meine eigene Mutter (83). Ich bin berufstätig und kann daher die tägliche Pflege nicht übernehmen. Meine Pflege beschränkt sich auf wechselnde Besuche von mir und meiner Schwester, sowie Einkaufsdienst. Meine Mutter hat aber auch erst Pflegestufe I und kann sich noch selbst versorgen. Das Laufen wird immer beschwerlicher, so dass hier sicher bald eine Verschlechterung des jetzigen Zustandes zu erwarten ist."